Nicole Deck

Wer war Nicole Deck?

Nicole Deck wurde am 6. Dezember 1977 in Winterthur geboren und von ihrer Mutter nach der Geburt zu Pflegeeltern gegeben. Dort erlitt sie, zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Marion, schwerste körperliche Misshandlungen und später, im Kinderheim, jahrelang regelmässigen sexuellen Missbrauch durch den Heimleiter. Bereits im Heim verübte sie mit 14 Jahren den ersten erfolglosen Selbsttötungsversuch mit Schlaftabletten. Auch ein zweiter Versuch schlug fehl, nachdem sie das Heim verlassen und bei einer Versicherungsgesellschaft eine Lehre als kaufmännische Angestellte angetreten hatte. Die Verzweiflung über ihr hoffnungsloses Leben und die Sehnsucht nach einem gnädigen Tod wurden immer grösser.

Nicole Deck

Am 3. Juli 1998 besorgte sich Nicole Deck eine Pistole und schoss sich eine Kugel in den Kopf. Sie überlebte auch diesen dritten Suizidversuch, war aber fortan blind. "Ich wollte das Leben ausmachen", schrieb sie später, "aber ich habe nur das Licht getroffen. " Dennoch schöpfte sie neuen Lebensmut und setzte sich ein grosses Ziel: Nicole Deck begann, im Hallenbad Zürich-Oerlikon zu trainieren - sie wollte sich als Schwimmerin für die Paralympics 2000 in Sydney qualifizieren. Im jener Zeit lernte sie den Journalisten Daniel J. Schüz kennen und begann, mit ihm die Geschichte ihres Lebens aufzuschreiben. Das Buch "Ich schwimme ins Leben", erschienen im Herbst 1999 im Zytglogge-Verlag, wurde ein Bestseller.

Wer war Nicole Deck wirklich?

Nicole hatte viele Gesichter - das machen auch die Fotos deutlich, die im Laufe eines viel zu kurzen Lebens von ihr entstanden sind (siehe Fotogalerie). Wer Gelegenheit hatte, sie näher kennen zu lernen, stellte bald einmal fest, dass tief unter der Oberfläche höchst unterschiedliche Facetten auftauchten; sie war jederzeit für eine Überraschung gut. Und je näher man ihr kam, desto deutlicher musste man erkennen, wie fremd sie einem noch immer war. Ihr spontanes, fröhliches und unkompliziertes Wesen stand in einem merkwürdigen Widerspruch zu dem düsteren Rätsel, das sie auch sich selbst war. So ausgeglichen und selbstbewusst sie aufzutreten wusste, so verunsichert und zerbrechlich konnte sie von einem Moment auf den anderen wirken. Pragmatisch bis zur Gleichgültigkeit und leidenschaftlich bis zur Selbstaufgabe, aussergewöhnlich normal und doch ganz anders. Sie schaffte es locker, Widersprüche zu vereinen, sie war pragmatisch und sensibel, verzweifelt und zuversichtlich zugleich, in der Liebe wie im Zorn grenzenlos leidenschaftlich.

Nicole Deck erlag am 29. Juli 2000 im Alter von 22 Jahren in Zürich einem qualvollen Gifttod, dessen Umstände bis heute nicht restlos geklärt werden konnten. Fest steht, dass sie hatte sterben wollen und dass sie auf "Hilfe" von aussen angewiesen war. Mitten unter uns schwamm Nicole Deck durchs Leben; sie war eine von uns - doch kaum einer hat hingeschaut und ihre schillernde Persönlichkeit wahr genommen. So kam es, dass sie an der Lieblosigkeit des Zeitgeistes zerbrach - ein Phänomen, das Psychologen und Psychiater immer häufiger beobachten. Sie können zwar wenig dagegen tun, dafür haben sie ihm wenigstens einen Namen gegeben: Das Borderline-Syndrom ist die Psycho-Seuche der Shareholder-Ära. Und sie hat - die erschreckend wachsende Suizid-Quote in unserem Land beweist es - längst die Dimension einer Epidemie angenommen.

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